Einleitung
Am Samstag, dem 22. Februar 2025, hat Warren Buffett wie seit 1977 seinen mittlerweile 48. Letter to Shareholders veröffentlicht– ein Brief, welcher in der Investmentwelt stets große Beachtung findet. Buffetts Brief bietet nicht nur einen Rückblick auf die Performance von Berkshire Hathaway, sondern auch praktische Einblicke in Investment Strategien, die trotz wechselnder und turbulenten Marktbedingungen ihre Gültigkeit behalten.
Was macht diesen Brief so besonders? Zum einen liefert er einen fundierten Überblick über grundlegende Prinzipien des Investierens, zum anderen zeigt er anhand bewährter Anekdoten, wie Disziplin und langfristiges Denken zu nachhaltigem Erfolg führen. Ein prägnantes Zitat aus dem Brief unterstreicht dies: „Die Größe eines Investors misst sich nicht an kurzfristigen Gewinnen, sondern an der Fähigkeit, über den Tellerrand hinaus zu blicken.“— eine Erinnerung daran, dass Geduld und Weitsicht oft mehr zählen als schnelle Erfolge.
Für Anleger, die sich für solide Investmentstrategien interessieren, bietet jeder Brief wertvolle Impulse und Gedanken.
1. Im Interesser der Investoren handeln
„We believe we owe you additional commentary about what you own and how we think. Our goal is to communicate with you in a manner that we would wish you to use if our positions were reversed – that is, if you were Berkshire’s CEO while I and my family were passive investors, trusting you with our savings.“
“Greg shares the Berkshire creed that a “report” is what a Berkshire CEO annually owes to owners. And he also understands that if you start fooling yourshareholders, you will soon believe your own baloney and be fooling yourself aswell.”
Warren Buffett macht deutlich, dass ein CEO offen und ehrlich mit den Anteilseignern sprechen sollte – so, als ob er/sieselbst Anteilseigner wäre. Das bedeutet, dass gute Führungskräfte nie vergessensollten, dass sie mit dem Geld anderer Leute hantieren und deshalb besondersverantwortungsvoll handeln müssen. Leider ist dieser Perspektivwechsel – sichvorzustellen, wie es wäre, wenn man selbst Investoren wäre – in der Praxis oftMangelware, zumindest nicht in dem Ausmaß wie es Warren Buttett macht.
2. Fehler
“During the 2019-23 period, I have used the words “mistake” or “error”16 times in my letters to you. Many other huge companies have never used eitherword over that span.”
Dieses Zitat unterstreicht eine weitere positive Eigenschaft: die Fähigkeit, Fehler offen anzusprechen. Niemand ist perfekt – und wenn bei einem Unternehmen immer alles reibungslos laufen würde, wäre das ein deutlicher Hinweis darauf, dass etwas nicht stimmt. Als Investor schätze ich es sehr, wenn offen zugegeben wird, wo und wie etwas schief gelaufen ist, anstatt mit vagen Umschreibungen und Kennzahlenzauberei allesschönzureden. Meiner Meinung nach erfüllt auch Tim Höttges, der CEO der Deutschen Telekom, dieses wichtige Kriterium.
3. Behalte die Gewinner
“Mistakes fade away; winners can forever blossom.”
Dieses Zitat veranschaulicht, dassFehlentscheidungen und Fehlinvestitionen – auch wenn sie gelegentlich zuniedrigen oder negativen Renditen führen – zwar unvermeidlich sind, langfristigjedoch nur wenige, dafür herausragend erfolgreiche Investments die Performancedes Portfolios bestimmen. Dies zeigt sich auch in der diesjährigen Performancevon Berkshire: Trotz eines Gewinnrückgangs bei 53 % der 189 operativenUnternehmen hat Berkshire besser abgeschnitten als erwartet.
Deshalb versuche ich, aus Rückschlägen zulernen und meine Strategie gegenfalls anzupassen, ohne mich von kurzfristigenVerlusten aus der Fassung bringen zu lassen – auch wenn das in der Praxis oftleichter gesagt als getan ist.
4. Bevorzugung von “operating earnings”
“We regularly – endlessly, some readers may groan – emphasize this [operatingearnings] measure rather than the GAAP-mandated earnings that are reported onpage K-68.”
Das Management hat den Fokus auf demBetriebsergebnis, weil es den stabileren, langfristigen Erfolg des Unternehmensbesser abbildet. Im Vergleich dazu berücksichtigen die GAAP-Earnings, das heißtdie nach den allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen berichtetenErgebnisse, auch realisierte und unrealierte Kapitalgewinne beziehungsweise-verluste. Die kurzfristigen und unvorhersehbaren Schwankungen an denKapitalmärkten können ein verzerrtes Bild der eigentlichen operativen Leistungliefern.
5. Angeben mit Steuern
“To be precise, Berkshire last year made four payments to the IRS thattotaled $26.8 billion. That’s about 5% of what all of corporate America paid.(In addition, we paid sizable amounts for income taxes to foreign governmentsand to 44 states.)“
“If Berkshire had sent the Treasury a $1 million check every 20 minutesthroughout all of 2024 – visualize 366 days and nights because 2024 was a leapyear – we still would have owed the federal government a significant sum atyearend“
In diesen zwei Abschnitten macht WarrenBuffett deutlich, wie hoch die Steuerzahlungen von Berkshire sind. Auch wennsich daraus keine Investmentgrundsätze, über die man stundenlangenphilosophieren ableiten lassen, finde ich es sehr beeindruckend, wieselbstbewusst er das präsentiert, es wirkt fast als wäre er stolz darauf – ganzanders als viele andere Unternehmen, die versuchen, durch Steuerschlupflöchermöglichst wenig abzugeben.
6. Renditen auf das Netto-Eigenkapital
“Many of these companies earn very high returns on the net tangibleequity required for their operations” – Apple, American Express, CocaCola”
In der unten Grafik habe ich die Daten fürApple und American Express grafisch dargestellt. Zur Berechnung habe ich denNettogewinn durch den greifbaren Buchwert (Tangible Book Value) geteilt – unserRoTE oder auch RoTBV. Der daraus resultuierende Prozentwert zeigt, wieeffizient ein Unternehmen sein "hartes" Kapital einsetzt, um Gewinnezu erwirtschaften. Ein hoher RoTE-Wert steht für starke operative Leistung.
Besonders bei Apple ist dieser Wert seit2018 regelrecht durch die Decke gegangen – ein klares Zeichen für eine brutaleEffizienzsteigerung. Ein Teil dieser Steigerung ist wahrscheinlich auch demimmer wichtige werdenden Service Bereich zuzuschreiben, welcher von 24,348(11.3% vom gesamt Umsatz) auf 96,169 (24.6% vom gesamt Umsatz) gestiegen ist,
Gleichzeitig zeigt American Express miteinem konstanten RoTE von etwa 30 % eine solide Performance, die ebenfallsbeeindruckt.

7. Vermögenswerte > Cash
“Berkshire will never prefer ownership of cash-equivalent assets overthe ownership of good businesses, whether controlled or only partially owned.“
Aus dem Zitat leite ich mir ab, dass eslangfristig deutlich vorteilhafter ist, in solide Unternehmen, oder ETFs zuinvestieren, statt mit rießigen Bargeldreserven passiv auf einen Crash zuwarten. Etwas Cash zu haben ist denkeich nie verkehrt, aber zu viel davon nützt eben auch nichts, besonders wenn esum Vermögensaufbau geht. Für mich liegt daher der Schlüssel darin, die richtigeBalance zwischen Liquidität und Assets zu halten. Persönlich fühle ich mich miteiner 10-15% Cash Quote wohl, das ist nicht zu viel und aber auch nicht zuwenig.
Wie siehst du diesen Balanceakt zwischen Cash-und Investitionsquote?
8. Erfolg von Berkshire geht Hand in Hand mit Erfolg von USA
“So thank you, Uncle Sam. Someday your nieces and nephews at Berkshire hope to send you even larger payments than we did in 2024. Spend it wisely“
Das Zitat verdeutlicht, wie eng der Erfolg eines Unternehmens mit dem Wohlstand der nationalen Wirtschaft – symbolisiert durch „Uncle Sam“ (USA) – verknüpft ist. Buffett signalisiert damit, dass Berkshire Hathaway auch in Zukunft nicht davon abweichen wird, den Staat mit immer höheren Steuereinnahmen zu unterstützen. Er erhofft sich das, diese Mittel klug und nachhaltig investiert werden. Unternehmen und Staat stehen in einer symbiotischen Beziehung, in der nur sinnvolle und zukunftsorientierte Investitionen beider Seiten, langfristig zu noch größerem Erfolg verhelfen können.
Conclusion
Der „Letter to Shareholders“ ist weit mehr als ein Rückblick auf vergangene Erfolge, er bietet eine Investitionsphilosophie. Diese Philosophie basiert auf langfristigem Denken und dem stetigen Lernen aus Fehlern. Ich freue mich bereits jetzt auf den nächsten Brief und hoffe auf viele weitere. Nichtsdestotrotz sind in den vergangenen Briefen etliche zeitlose Gedanken enthalten, die jederzeit gelesen und studiert werden können.
Quellen
Originale Letter to Shareholders findest du hier
Finanzdaten der Grafik Tikr.com
Hauptbild: "Warren Buffett of Berkshire Hathaway Inc. and interviewer Carol Loomis of Fortune" by Fortune Live Media is licensed under CC BY-NC-ND 2.0.